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Stichwort English Beschreibung
Gerichtsvollzieher bailiff Der Gerichtsvollzieher ist in Deutschland ein Justizbeamter des sogenannten mittleren Dienstes. Beschäftigt ist er beim örtlichen Amtsgericht. Seine Aufgabe besteht darin, Urteile und andere Vollstreckungstitel zwangsweise durchzusetzen sowie bestimmte Schriftstücke zuzustellen. Die Tätigkeit des Gerichtsvollziehers ist an die Vorschriften der Gerichtsvollzieherordnung des jeweiligen Bundeslandes und an die Zivilprozessordnung gebunden.

Meist wird der Gerichtsvollzieher tätig, um Geldforderungen eines Gläubigers gegen einen Schuldner zu vollstrecken. Kann dieser nicht zahlen, darf der Gerichtsvollzieher die Wohnung des Schuldners betreten und dort Wertgegenstände oder Möbel beschlagnahmen. Die Beschlagnahme wird jedoch durch Regelungen der Zivilprozessordnung (ZPO) eingeschränkt.

So sind nach §§ 811 ff. ZPO etwa Gegenstände von der Pfändung ausgeschlossen, die der Schuldner für seine persönliche Lebensführung, seinen Beruf oder seinen Haushalt benötigt. Der gute Anzug des Bankangestellten darf damit ebensowenig gepfändet werden wie das Werkzeug eines selbstständigen Handwerkers oder der Computer eines Journalisten. Kleidung, Betten, normales Küchenzubehör oder ein Fernseher sind ebenfalls nicht pfändbar – der Schuldner kann allerdings darauf verwiesen werden, zum Beispiel sein Informationsbedürfnis durch einen einfachen Röhrenfernseher zu decken und nicht durch das neueste Plasma-Modell mit integriertem DVD-Recorder. Auch Haustiere sind unpfändbar. Eine Pfändung wird oft durch das Aufkleben einer Pfandmarke ("Kuckuck" – so genannt nach dem früher üblichen Adler des Preußischen Wappens) vorgenommen. Das Entfernen des Pfandsiegels ist eine Straftat nach § 136 Abs. 2 StGB.

Der Gerichtsvollzieher vollstreckt auch Räumungsurteile. Er kann dafür die Polizei um Amtshilfe bitten. Die Zwangsräumung einer Mietwohnung muss der Vermieter beim Gerichtsvollzieher beantragen, nachdem er ein gerichtliches Räumungsurteil erwirkt hat. Mit der Mietrechtsreform vom 1. Mai 2013 wurde die Räumung von Mietwohnungen vereinfacht: Auf Antrag möglich ist nun die sogenannte „Berliner Räumung“, bei der der Gerichtsvollzieher lediglich den Mieter aus der Wohnung entfernt und den Vermieter durch Übergabe neuer Schlüssel wieder in den Besitz der Wohnung setzt. An Möbeln und Besitztümern des Mieters macht der Vermieter sein Vermieterpfandrecht geltend, es gibt jedoch Herausgabeansprüche des Mieters.

Wurde ein Eigentumsobjekt zum Beispiel wegen Überschuldung des Eigentümers zwangsversteigert, kann der Gerichtsvollzieher auch tätig werden, um den bisherigen Eigentümer zwangsweise aus der Wohnung zu entfernen. Hier ist ein vollstreckbarer Zuschlagsbeschluss zugunsten des Ersteigerers erforderlich, der die Namen aller Bewohner der Immobilie nennt. Eine Kündigung von Mietern nach einer Zwangsversteigerung ist nicht unproblematisch und erfordert ein berechtigtes Interesse des neuen Eigentümers.
Grundsätzlich tritt bei einem Eigentümerwechsel der neue Eigentümer automatisch in einen bestehenden Mietvertrag als Vermieter ein.

Die Kostenforderung des Gerichtsvollziehers richtet sich nach dem bundeseinheitlichen Gerichtsvollzieher-Kostengesetz (GvKostG).