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Stichwort English Beschreibung
Verwirkung forfeit; forfeiture Wohnungseigentumsrecht:

Nachdem für die Verjährung von Beseitigungs- und Unterlassungsansprüchen an die Stelle der früheren 30-jährigen die dreijährige Verjährungsfrist getreten ist, hat die Frage der Verwirkung dieser Ansprüche praktisch keine Bedeutung mehr.

Von der Verwirkung eines Anspruchs, beispielsweise im Falle von Eigentumsstörungen, wie sie im Bereich des Wohnungs­eigen­tums durch eigenmächtige bauliche Veränderungen auftreten können, spricht man dann, wenn dieser Anspruch über einen längeren Zeitraum nicht geltend gemacht wurde (Zeitmoment) und im Übrigen besondere Umstände hinzutreten, auf Grund derer die verspätete Geltendmachung als unzulässige, unzu­mut­bare Rechtsausübung und insoweit als Verstoß gegen Treu und Glauben anzusehen ist. Von diesem so genannten Umstands­mo­ment ist dann auszu­ge­hen, wenn der Schuldner, im Falle der eigen­mächtigen baulichen Veränderung also der betreffende (störende) Eigentümer, wegen des passiven Verhaltens und der Duldung der Maßnahme durch die übrigen Eigentümer, anneh­men konnte, dass ein Beseitigungsanspruch nicht geltend ge­macht wird.

Diese Rechtsauffassung hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass dann, wenn eine Berufung auf Verwirkung nicht möglich war, Beseitigungsansprüche bei baulichen Veränderungen selbst noch nach Ablauf von zehn und mehr Jahren geltend gemacht werden konnten. Vor dem Hintergrund der jetzt verkürzten Regel­verjährungsfrist auf drei Jahre dürfte die Berufung auf die Verwir­kung jedoch an Bedeutung verlieren.

Mietrecht:

Auch im Mietrecht kennt man die Verwirkung. Dazu sind wie oben geschildert sowohl ein Zeitmoment als auch ein Umstandsmoment erforderlich. Auch hier müssen also zum reinen Zeitablauf Umstände hinzukommen, die beim Schuldner der jeweiligen Leistung das Vertrauen begründen, dass der Gläubiger seine Forderung nicht mehr geltend machen wird. Dabei kann es sich sowohl um Rechte des Vermieters (etwa Kündigung) als auch um Ansprüche des Mieters (etwa Mietminderung wegen Mängeln) handeln.

Das Recht auf Mietminderung kann verwirkt sein, wenn der Mieter einen Mangel über längere Zeit nicht meldet. Feste Fristen, wann Verwirkung eintritt, gibt es allerdings nicht. Vor Ablauf von sechs Monaten ist eine Verwirkung jedoch ausgeschlossen. Dem Bundesgerichtshof zufolge reicht es insbesondere seit der Mietrechtsreform von 2001 nicht mehr aus, wenn der Mieter den Mangel schlicht mit sechs Monaten Verspätung meldet (Urteil vom 16.7.2003, Az. VIII ZR 274/02). Das zusätzlich erforderliche Umstandsmoment kann zum Beispiel darin liegen, dass der Mieter dem Vermieter gegenüber äußert, dass für ihn der Mangel kein Problem darstellt. Je schwerwiegender ein Wohnungsmangel ist, desto geringer ist der Zeitraum, nach dem Verwirkung eintritt. Dies kann auch schon vor Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist der Fall sein.

Das Recht auf eine fristlose Kündigung kann verwirkt sein, wenn der Vermieter nach Eintreten des Kündigungsgrundes zu lange untätig bleibt, also auch nicht den Mieter deswegen abmahnt. Zahlt der Mieter dauerhaft einen Teil der Miete nicht und mahnt ihn der Vermieter deswegen im Zweimonatsrhythmus wenn auch in zurückhaltender Form ab, kann sich der Mieter auch nach mehreren Jahren nicht auf Verwirkung berufen (gewerbliches Mietverhältnis, Streit um Mehrwertsteuer, BGH, Az. XII ZR 291/01).

Der BGH erklärte außerdem in einem Urteil von 2016, dass der Vermieter von Wohnräumen durchaus noch sieben Monate nach Eintritt eines Mietrückstandes von zwei Monatsmieten zum Mittel der außerordentlichen fristlosen Kündigung greifen dürfe. Im verhandelten Fall hatte die Mieterin damit argumentiert, dass sie eine ehemalige Küsterin der als Vermieterin auftretenden Kirchengemeinde sei und sich eine Kirchengemeinde besonders sozial und ethisch verhalten müsse. Diese Argumentation lehnte der BGH ab; es hätten hier keine Umstände vorgelegen, die die Mieterin berechtigtermaßen dazu hätten veranlassen können, von einem Kündigungsverzicht auszugehen (Az. VIII ZR 296/15).