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Bahnhöfe train stations Während der Bahnhof bis vor einigen Jahren allein als Ort des Fahrkartenkaufs und als Wartebereich begriffen wurde, entwickelt sich der moderne Bahnhof nun immer mehr zu einer vielfältig genutzten Gewerbeimmobilie mit großem Umsatzpotential. Hier gibt es den ganzen Tag lang – und meist auch in der Nacht – genügend Laufkundschaft. Geschäfte sind in Bahnhöfen teilweise von den Einschränkungen des Ladenschlussgesetzes ausgenommen:

Nach § 8 des Ladenschlussgesetzes dürfen Verkaufsstellen auf Personenbahnhöfen, soweit sie den Bedürfnissen des Reiseverkehrs dienen, an allen Tagen während des ganzen Tages geöffnet sein, am 24. Dezember jedoch nur bis 17 Uhr. Während der allgemeinen Ladenschlusszeiten ist der Verkauf von Reisebedarf zulässig.

Nach Ladenschluss offene Geschäfte ziehen wiederum zusätzliches Publikum an. Die Bahnbetreiber können durch die Verpachtung der Einzelhandels- und Gastronomieflächen zusätzliche Umsätze erwirtschaften. Ein effizient bewirtschafteter Bahnhof kann durchaus von den gleichen Vorteilen profitieren wie ein Einkaufszentrum: Unterschiedlichste Geschäfte werden in unmittelbarer Nähe zu Gastronomiebetrieben angesiedelt, so dass eine Rundumversorgung des Kunden möglich wird. Auch in kleineren Orten kann der Bahnhof eine wichtige Rolle spielen: Geschäfte wie Postagentur, Imbiss, Apotheke, Lebensmittelladen und Zeitschriftenshop bilden ein regionales Versorgungszentrum.

In letzter Zeit ist wiederholt zu beobachten, dass kleinere Bahnhofsgebäude an Neben- oder aufgegebenen Strecken preisgünstig auf dem Immobilienmarkt angeboten werden. Hier ergibt sich die Möglichkeit einer neuen Nutzung, zum Beispiel als Wohn- und Gewerbeimmobilie, als Mehrgenerationenhaus oder – bei interessanter Lage – als Ferienwohnungen. Die Angebote zeichnen sich häufig durch ungewöhnlich geschnittene Grundstücke und sanierungsbedürftige Gebäude aus, was sich jedoch im Preis niederschlägt. In einigen Fällen kann Denkmalschutz bestehen.

Für den Käufer wichtig ist neben einer gründlichen Recherche nach möglichen Altlasten (z. B. mit Treibstoff- oder Ölresten belastete Böden, veraltete Bitumendächer oder Asbestzement) auch die Vertragsgestaltung: So ist es denkbar, dass zwar das Bahnhofsgebäude verkauft wird, der Bahnbetrieb mit Zughalt vor Ort jedoch weiterläuft. In diesem Fall enthält der Kaufvertrag meist ein Regelwerk des Bahnbetreibers, in dem dieser sich Rechte am Grundstück sichert. Dieses können z. B. Leitungsrechte sein (Strom- und Wasser), aber auch das Betreten bestimmter Grundstücksbereiche durch Reisende oder das Betreiben von Fahrkartenautomaten können über den Kaufvertrag und das Grundbuch abgesichert werden. Eine Behinderung des Bahnbetriebs wird dabei meist ebenso untersagt wie der Betrieb bestimmter Gewerbe oder Tätigkeiten auf dem Gelände (Spielhalle, Bordell, Drogenberatungsstelle). Auch ist es möglich, dass auf dem Grundstück stehendes oder installiertes Zubehör (Signalanlagen, Strommasten) nicht zum Kaufgegenstand gehört und im Eigentum des Bahnbetreibers bleibt.

Wichtig ist bei ehemaligen Bahnhöfen auch die Frage, ob bereits die sogenannte „Freistellung von Bahnbetriebszwecken“ erfolgt ist. Diese nimmt die Planfeststellungsbehörde auf Antrag des Bahnunternehmens, des Eigentümers oder der Gemeinde vor, wenn kein „Verkehrsbedürfnis“ mehr besteht und langfristig nicht mehr damit zu rechnen ist, dass die Infrastruktur für Bahnzwecke genutzt wird. Geregelt ist die Freistellung in § 23 AEG (Allgemeines Eisenbahngesetz). Für die Freistellung können Kosten entstehen; teilweise werden diese vom Bahnbetreiber auf den Käufer der Immobilie abgewälzt.