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Scheinselbstständigkeit pseudo self-employment Was Scheinselbstständigkeit ist, wurde erstmals mit Wirkung zum 1.1.1999 im Sozialgesetzbuch geregelt. Die Kritik veranlasste den Gesetzgeber allerdings, die Vorschriften wiederholt zu korrigieren. Während früher die Vermutungsregel galt, nach der bei Vorliegen von drei der nachstehenden fünf Anhaltspunkte eine Scheinselbständigkeit unterstellt wird und das Gegenteil, nämlich die Selbständigkeit vom Betroffenen nachgewiesen werden musste, ist es seit 2003 die Aufgabe der Sozialversicherungsträger, die Scheinselbständigkeit zu beweisen. Anhaltspunkte dafür sind:
  • keine sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer werden beschäftigt (es können jetzt auch Familienmitglieder sein), die mehr als 450 Euro (seit 1.1.2013) verdienen,
  • dauerhafte Tätigkeit im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber,
  • Erbringung von Arbeitsleistungen, die der Betrieb des Auftraggebers (oder vergleichbare Betriebe) regelmäßig auch von abhängig Beschäftigten ausführen lässt,
  • weisungsgebundene Tätigkeit, Einbindung in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers,
  • typische Merkmale unternehmerischen Handelns sind nicht erkennbar,
  • Selbstständiger hat die ausgeführte Tätigkeit zuvor als Arbeitnehmer für den gleichen Auftraggeber bzw. Arbeitgeber durchgeführt.

Handelsvertreter fallen nicht unter die Vorschrift, wenn sie ihre Tätigkeit im Wesentlichen frei gestalten und ihre Arbeitszeit frei bestimmen können. Mit der Neuregelung ist klar gestellt, was vorher in vielen Einzelentscheidungen besonders von Arbeits- und Sozialgerichten so gesehen wurde. Stellt sich nach Prüfung durch die Sozialversicherungsträger (oder Krankenkasse) heraus, dass keine Selbständigkeit vorliegt, ergeben sich als Folgen:
  • Der freie Mitarbeiter ist Angestellter,
  • der Arbeitgeber muss rückwirkend bis vier Jahre den vollen Beitrag zur Renten-, Kranken- Pflege- und Arbeitslosenversicherung nachentrichten,
  • der "freie" Mitarbeiter muss wegen Nichtanerkennung geltend gemachter Werbungskosten mit Steuernachforderungen rechnen,
  • der Scheinselbstständige schuldet die von ihm berechnete Umsatzsteuer, aber
  • der Auftraggeber verliert trotzdem seinen Vorsteuerabzug aus berechneten Leistungen des Scheinselbstständigen.

Von der Regelung sind Maklerunternehmen nur betroffen, wenn sie "freie Mitarbeiter" beschäftigen, die keinen tatsächlichen Handelsvertreterstatus haben, die also ihre Arbeitszeit und Tätigkeit nicht frei bestimmen können. Wer dagegen seinen Außendienst auf die Handelsvertreterbasis gestellt hat (Handelsvertreter sind keine weisungsgebundenen Abhängigen) muss von der neuen Regelung nichts befürchten.

Treten Zweifel darüber auf, ob Scheinselbständigkeit gegeben ist, können sowohl Auftraggeber als auch Auftragnehmer im Rahmen eines sogenannten Antragverfahrens eine Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status durch die Bundesversicherungsanstalt oder die Krankenkasse herbeiführen, die ihre Entscheidung dann auch begründen muss.