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Reetdach thatched roof Reetdächer sind besonders in Regionen mit weiten Uferzonen verbreitet. Reet ist als Baustoff seit 4000 Jahren bekannt. Bereits die Ägypter haben Schilf geerntet, um es als Baumaterial zu benutzen. In Europa beginnt der Einsatz von Stroh als Dachdeckung bei den Pfahlbauten am Bodensee. Bei Ausgrabungen wurden gut erhaltene Häuser gefunden, von denen authentische Nachbauten im Pfahlbaumuseum Unteruhldingen präsentiert werden (siehe Bild).

Regional sind verschiedene Bauweisen typisch. Da Reet ein elastisches und leicht zu formendes Dachmaterial ist, sind die Möglichkeiten bei der Gestaltung des sogenannten Weichdaches groß. Vom konventionellen, schlichten Dach über ausgestaltete Entwürfe reicht die Palette. Die fließenden Übergänge der Dachbestandteile machen die Reetdächer markant. Die Firstabdeckung erfolgt regional mit verschiedenen Materialien, z.B. Stroh, Heidekraut oder Gras – in Dänemark sind dafür Grassoden verbreitet, in Schleswig-Holstein wird mit dem "Angeliter Reiter", das sind geviertelte Holzbalken, die Heide von oben gesichert. Auch ausgefallene Ideen können realisiert werden, wenn es das Bauamt genehmigt, z.B. durch die Dachhaut wachsende Bäume oder ein anschließendes Atrium.

Reetdächer sind beliebt wegen ihres außerordentlich hohen Dämmwertes, ihrer Elastizität und Ihrer Festigkeit. Sie wirken klimaausgleichend und sind wegen der Verwendung von nachwachsenden Rohstoffen ökologisch. Das Ausgangsprodukt Schilf wächst in den feuchten Niederungen nahe an Gewässern im Sommer als etwa 1,80 m hohe Halme mit buschiger Fahne. Der Anbau von Schilf ist auch eine Perspektive für Bauern in Deutschland, die damit gleichzeitig Landschaftsschutz betreiben und vielen Tierarten eine Heimat bieten. Geerntet wird im Winter. Das Reet wird zu Hocken von 60 cm Umfang zusammengestellt und transportfertig gemacht. Nur geringe Mengen des Rohstoffes kommen aus Deutschland, die Masse wird aus Ungarn, Polen, Rumänien und der Türkei importiert. Auch China ist mittlerweile zu einem wichtigen Bezugsland für Reet geworden. Hier gibt es jedoch teilweise Bedenken wegen einer zu schnellen Ernte noch unreifen Reets und wegen der Verseuchung vieler Gewässer mit Chemikalien insbesondere aus der Textilindustrie. Heute gibt es Testverfahren, um die Qualität von Reet festzustellen, sowie entsprechende Zertifikate.

Ein Reetdach hält je nach Witterung durchschnittlich 40 bis 60 Jahre, aber auch 100 Jahre alte Reetdächer sind keine Seltenheit.