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Bodenreform agrarian reform; land reform Die Bodenreform zielt auf die Änderung der Eigentums- und Besitzverhältnisse an Grund und Boden ab. Initiator der Bodenreformbewegung war der Amerikaner Henry George (1839 – 1897). Sein Buch „Progress and Property“ (Fortschritt und Eigentum) wurde auch ins Deutsche übersetzt. Er glaubte, dass allein durch die Besteuerung der Grundrente die staatlichen Aufgaben finanziert werden könnten. Seine Bewegung wurde deshalb auch als Single-Tax-Movement bezeichnet. Allerdings waren vorher schon die theoretischen Grundlagen vorhanden, zum Beispiel von John Stuart Mill (1806 – 1873), einem der Schöpfer der Grundrententheorie. Er bezeichnete die Grundrente als Unearned Increment, also als unverdienten Zuwachs, und forderte dessen Besteuerung.

In Deutschland zählen zu den Bodenreformern vor allem der Soziologe und Mediziner Franz Oppenheimer (1864 – 1943), dessen Schüler Ludwig Erhard war. Er ging von der Vorstellung eines bestehenden Bodenmonopols als Klassenmonopol der Bodeneigentümer aus, die durch die Gründung von Siedlungsgenossenschaften überwunden werden könnten. Er wurde zu einem ideellen Träger des späteren gemeinnützigen Wohnungseigentums.

Auch Friedrich List war das Bodeneigentum ein Dorn im Auge. Er wollte den Bodengewinn durch eine fünfzigprozentige Wertzuwachssteuer abschöpfen. Der stärkste bodenreformerische Entwicklungsschub ging von dem Berliner Volksschullehrer Adolf Damaschke (1865 – 1935) aus, der das Agieren von Terraingesellschaften und Bodenspekulanten gewissermaßen vor Ort aus nächster Nähe beobachten konnte. Er forderte zur Abschöpfung des Bodenertragszuwachses die Einführung der Wertzuwachssteuer, deren Aufkommen zur Förderung des Wohnungsbaus und Linderung der Armut verwendet werden sollte. Dies erwies sich allerdings als Fehlschlag und mündete schließlich pauschal als zweiprozentiger Zuschlag in die Grunderwerbsteuer ein. Ihm gelang allerdings die Aufnahme des Artikels 155 in die Weimarer Verfassung. Daraus folgendes Zitat: „Die Verteilung und Nutzung des Bodens wird von Staats wegen in einer Weise überwacht, die Missbrauch verhütet und dem Ziele zustrebt, jedem Deutschen eine gesunde Wohnung und allen deutschen Familien, besonders den kinderreichen, eine ihren Bedürfnissen entsprechende Wohn- und Wirtschaftsheimstätte zu sichern“.

Nach dem zweiten Weltkrieg gab es neue Initiativen von Johannes Lubahn (1879 - 1969), er schlug eine städtische Grundrentenabgabe vor, und Wilhelm Dittus (geb. 1900), der einen Planungswertausgleich forderte. Schließlich wurde ein Planungswertausgleich auf dessen Initiative in das Städtebauförderungsgesetz von 1971 aufgenommen.

Heute sind bodenreformerische Überlegungen kein Thema mehr. Die Zeiten hoher Baulandpreisanstiege sind vorbei. Außerdem gibt es heute auf der Grundlage von Städtebaulichen Verträgen, Public-Private-Partnerships, sowie Vorhaben- und Erschließungsplänen Möglichkeiten, gemeindliche Interessen mit denen von Investoren vertraglich zu regeln.